Laut einem Bericht der World Federation of Advertisers von 2019 sind 37 Prozent der Werbetreibenden der Meinung, dass die Effektivität von Upper-Funnel-Marketing, also dem Teil des Conversion Funnels, in dem der User ein Markenbewusstsein und möglicherweise auch -interesse ausbildet, in den vergangenen fünf Jahren abgenommen hat. Zudem ist im Zuge der Pandemie die Verbraucherloyalität zu bestimmten Marken geringer geworden (McKinsey).
Der neue Konsument
Besonders im Konsumgütermarketing ist es allerdings essenziell, Präsenz zu zeigen und Konsumenten mit aufmerksamkeitsstarken Werbemitteln zu erreichen. Daher wenden sich viele Werbetreibende der Personalisierung zu, um ihre Botschaften stärker auf den Konsumenten zuzuschneiden und so aus der Masse hervorzustechen. Und das mit Erfolg. Eine Umfrage von Retail Touchpoints im Jahr 2019 hat ergeben, dass 88 Prozent der Marketingverantwortlichen durch Personalisierungstaktiken einen Umsatzzuwachs verzeichneten.
Personalisierung effektiv umzusetzen ist jedoch keine triviale Aufgabe. Sie erfordert ein neues Denken – über Werbemittel, Daten und den Konsumenten.
“Besonders im Konsumgütermarketing ist es allerdings essenziell, Präsenz zu zeigen und Konsumenten mit aufmerksamkeitsstarken Werbemitteln zu erreichen,” says Christian Altemeier.
Kreativität in datenarmen Umgebungen
Generell ist es im Marketing von Konsumgütern wie Lebensmitteln, Getränken und Hygiene- und Haushaltsprodukten etwas schwerer, Personalisierungstaktiken zu entwickeln, da der Kundenkontakt meistens distanzierter abläuft, verglichen mit den Marketern, die direkt mit dem Konsumenten interagieren und deshalb auf reichhaltige Datenschätze zurückgreifen können. Glücklicherweise gibt es inzwischen Wege, dieses Hindernis zu meistern: Werbemittel können auf der Basis ganz unterschiedlicher Daten angepasst werden; nicht alle Daten müssen First-Party- oder überhaupt personenbezogene Daten sein. Um die Relevanz ihrer Werbemittel zu erhöhen, greifen Werbetreibende zum Beispiel auf den Media-Kontext, Umgebungsfaktoren wie Ort, Wetter oder Uhrzeit oder auf Third-Party-Zielgruppendaten zurück.
Konsumenten in den Mittelpunkt stellen
Für den ersten Schritt beim Aufbau einer Personalisierungsstrategie ist es wichtig, den Konsumenten zu verstehen. Wie dieser einkauft und über die Marke denkt, beeinflusst nachhaltig seine Reaktion auf unterschiedliche Werbebotschaften. Folgende zwei Faktoren sollten eingehender betrachtet werden:
Bezug zur produktkategorie
Bei Produktkategorien mit einem geringen Bezug nehmen Konsumenten meist Botschaften positiv auf, die auf Nutzungssituationen bezogen sind – das Produkt befriedigt ein ganz bestimmtes Konsumentenbedürfnis. Bei höherer Kundenbindung ist den Konsumenten hingegen die Marken-Story wichtiger: Mit stufenweiser Kommunikation erzählen Marken über einen gewissen Zeitraum hinweg eine Geschichte, die ihren besonderen Wert und ihr Angebot herausstellt.
Kauffrequenz
Je häufiger ein bestimmtes Produkt gekauft wird, desto öfter sollte es auch beworben werden. Denn jeder Tag oder jede Woche stellt eine Gelegenheit dar, den Konsumenten zu gewinnen oder zu verlieren. Dies gilt aktuell umso mehr, da Verbraucher durch die Corona-Krise verstärkt neue Produkte ausprobieren und ihre Loyalität bestimmten Marken gegenüber nachlässt. Eine zu häufigen Bewerbung eines Produkts birgt jedoch das Risiko, dass der Konsument genervt auf die Werbebotschaft reagiert. Bei höherer Kauffrequenz ist es deshalb wichtig, bei den Botschaften für Abwechslung zu sorgen. Bei Produkten, die seltener gekauft werden, kann hingegen mehr auf Beständigkeit gesetzt werden.
Relevante Gelegenheiten identifizieren
Es gilt, Gelegenheiten zu identifizieren, in denen das Produkt für den Konsumenten relevant ist, und entsprechende Werbemittel zu entwickeln – auf Basis der Einstellung und des Kaufverhaltens des Konsumenten. Nehmen wir beispielsweise ein Produkt mit relativ geringer Bindung, aber hoher Kauffrequenz, wie abgepackte Nahrungsmittel. Essen muss jeder – auf den ersten Blick ist es also keine Kategorie, in der sich Personalisierung leicht umsetzen lässt. Die Kombination von verhältnismäßig geringer Bindung und relativ hoher Kauffrequenz bedeutet, dass sich die Strategie auf Nutzungssituationen beziehen und variantenreiche Botschaften aufweisen sollte.
Am Beispiel der abgepackten Nahrungsmittel zeigt sich, dass sich die Nutzungssituationen je nach Zielgruppe und Uhrzeit erheblich unterscheiden können. Die relevanteste Botschaft wird an einem Werktagnachmittag eine andere sein als an einem Samstagmorgen oder wenn ein wichtiger Feiertag ansteht. Indem sie die Botschaft an die Tageszeit oder das Datum und an demographische Gruppen anpassen, erhöhen Werbetreibende folglich die Relevanz ihrer einzelnen Kampagne und gewinnen deutlich leichter die Aufmerksamkeit der Konsumenten. Das nachfolgende beispielhafte Modell für die Zielgruppenansprache verdeutlicht Zielgruppenbedürfnisse, mögliche Botschaften und die Datengrundlage bei entsprechenden Maßnahmen im Marketing:
Die Wirkung messen
Ein wichtiger Bestandteil für die richtige Personalisierungsstrategie besteht darin, ihren Einfluss auf die Kampagnenerfolge zu messen. Wer die Performance genau messen kann, erfährt nicht nur, welchen Einfluss die Strategie auf die Kampagne hatte, sondern auch, welche Taktiken und Werbemittel besonders gut beziehungsweise nicht funktionieren. Marketingverantwortliche von Konsumgütern haben den Nachteil, dass der Kauf meist über Dritte erfolgt, sodass sie über keine direkten Verkaufs- und Kundendaten verfügen. Die meisten Lösungen am Markt zielen zudem nicht direkt auf den Verkauf ab, zum Beispiel Brand-Lift-Studien oder Click-Through-Rates oder sind nicht granular genug, um Aussagen über die Wirkung einzelner Werbemittel zu treffen.
Um diese Lücke zu schließen, arbeitet Flashtalking beispielsweise mit führenden Mess-Anbietern zusammen, um Kunden weitreichende Einblicke in die Effektivität ihrer Werbemittel zu ermöglichen, etwa den Einfluss von Werbemittelvarianten auf den Abverkauf im lokalen Geschäft.
Die Konsumenten im relevanten Augenblick zu erreichen, ist zentral für die richtige Personalisierungsstrategie in der Konsumgüterindustrie. Erst mit einer effektiven Messung ermitteln sie die Erfolge und lernen auch für künftige Kampagnen dazu.
Geschrieben von Christian Altemeier, Geschäftsführer, Flashtalking Deutschland
Ursprünglich von Springer Professional veröffentlicht